Auf den Straßen von Kundapur

Kundapur ist klein. Ein paar Busstationen, zwei größere Tempel, ein Sportplatz und immerhin eine Bibliothek. Ergänzt werden die Straßen durch verschiedene Schulen, Grünanlagen, eine katholische Kirche, unendlich vielen Shops und kleinen Restaurants sowie den Reisebüros.

Wenn ich das Haus verlasse, komme ich auf einen Trampelpfad und irre durch die Nachbarschaft. Anfangs habe ich mich hier öfters verlaufen. Inzwischen kenne ich jeden Winkel. Einige Häuser kenne ich auch schon von innen, weil mich die Bewohner spontan zu Tee einluden. Ich liebe diese Gastfreundschaft! Der Weg führt weiter über einen kleinen Bach, vorbei an einem winzigen Tempel und kreuzt dann den großen Highway. Dieser verläuft parallel zur Mainroad, der Straße mit den vielen Geschäften.

Überquere ich also den Highway und laufe gerade aus weiter zur Mainroad, dann komme ich am „Small-Office“ von FSL vorbei. Ich habe diesen Ort noch nie ohne Freiwillige erlebt. Irgendwer ist immer hier. Nur ein paar Schritte weiter und ich bin beim Supermarkt. Frisches Essen verkaufen sie nicht, dafür muss man schon zum Obsthändler, zum Fischmarkt oder zum Gemüsemarkt gehen. Gegenüber vom Supermarkt ist mein Yogatempel. OOOOOmmm. Und gleich daneben mein Buchladen und daneben mein Copyshop. Wie ihr seht, habe ich schon Favoriten! Der Airtel-Shop (Handy+Internet) ist in die andere Richtung. Ich mag den Laden nicht mehr, seitdem ich ihre Hilfe wegen dem Internet brauchte. Sie riefen bei der Hotline an und drückten mir das Handy in die Hand. Wozu ein Shop, wenn die Mitarbeiter auch nur bei der Zentrale anrufen? Das kann ich auch von zu Hause aus machen. Jedenfalls war mein Internet im letzten Monat sehr langsam und für jede größere Mail musste ich ins Internetcafe…Nun gehe ich zu dem Internetladen auf der anderen Straßenseite. Die sind kompetenter =) Mein Internet ist wieder schneller. Juhuu! Wenn ich mich von dem ganzen Stress erholen will, gönne ich mir am besten eine Kleinigkeit beim Juiceladen nebenan. Hier gibt’s den leckersten Saft und die besten Eiskreationen Kundapurs. Oder ich gehe zu dem großen, schönen Blumenstand an dem sich die Mainroad aufteilt. Rechts entlang komme ich zur Post und früher auch zu meiner Kannadaclass (seit letzter Woche werde ich am anderen Ende Kundapurs unterrichtet, hinter dem sog. Gandhi-Park mit Spielplatz). Linksentlang geht’s zur Tanzschule. Eine weitere Abzweigung führt zur katholischen Kirche und zum Bootsmann, der mich auf die andere Seite des Flusses zum „Kodi-Beach“ befördert.

Den Bürgersteig kann ich in der Regel nicht identifizieren. Man läuft einfach am Rand, wo gerade Platz ist und keine Rikscha und kein Bus und kein Händler im Weg stehen.

Die Menschen sind in den meisten Fällen sehr freundlich. Soll heißen: die Frauen lächeln fast immer zurück und die Männer gaffen relativ selten. Vor gar nicht allzu langer Zeit ließ ich Toilettenreiniger bei einem Obsthändler liegen. Erst zwei Tage später kam ich wieder vorbei. Der Verkäufer griff sofort hinter die Theke und streckte mir den Reiniger entgegen, als hätte er die letzten beiden Tage auf mich gewartet. Solche Momente machen einen glücklich. Ich glaube in Berlin kümmern sich die wenigsten Verkäufer um den Toilettenreiniger ihrer Kunden. Leider habe ich auch negative Erfahrungen machen müssen. Ein Schmuckverkäufer riet meinen beiden indischen Freundinnen (die ich zur Beratung mitgenommen hatte), dass sie mir einfach sagen sollen, der Schmuck wäre modern und passend. Ich hätte ja sowieso keine Ahnung. Also kann ich auch die „hässlichen“ Sachen tragen.

Auf den Straßen von Kundapur ist immer was los. Schulkinder fragen nach deinem Namen, ein LKW-Fahrer winkt dir beim Vorbeifahren zu, andere Leute wollen sich mit dir unterhalten, ein Freiwilliger kommt dir entgegen und eigentlich willst du doch nur zum Schneider, um dein neues Outfit abzuholen.

Wenn ich meine Ruhe haben will, verlasse ich unser Haus einfach in die andere Richtung. So spaziere ich zwischen Reisfeldern und lande ebenfalls beim Wasser. Wir leben fast schon abgeschieden, jedenfalls weit weg vom Verkehrslärm.

Nun noch ein paar Fotos, um meine Beschreibung bildlich darzustellen:

Auf dem Weg zur Schule
Auf dem Weg zur Schule
Der Markt von Kundapur: jeden Samstag
Der Markt von Kundapur: jeden Samstag
Ich werfe einen Blick aus meinem Fenster
Ich werfe einen Blick aus meinem Fenster
Auf dem Weg zum Kodi Beach, dem Strand von Kundapur
Auf dem Weg zum Kodi Beach, dem Strand von Kundapur
Und so sehen die Straßen aus
Und so sehen die Straßen aus
Die Mainroad
Die Mainroad
Die Straße teilt sich auf...
Die Straße teilt sich auf...
Der Highway
Der Highway